Stiftung Werner-von-Siemens-Ring | Was die Industrie braucht

Was die Industrie braucht

Schnelle Gleichungslöser und innovative Tools zum
„Robust Design“

Dr. Tanja Clees
12. Dezember 2008

Was haben Handy‐Schalen, Halbleiter‐Chips, Ölreservoirs, Autos und vieles mehr gemeinsam? Tief im Innern von Software‐Paketen zur Simulation ihrer Herstellung, Funktionsweise, Ausbeutung, Umströmung etc. arbeiten lineare Gleichungslöser – meist unbemerkt von der Außenwelt, aber von entscheidendem Einfluss auf den Erfolg der Simulationen mit noch steigender Tendenz. Die Simulationen werden nämlich immer aufwändiger, einerseits weil mehr und mehr physikalische Effekte berücksichtigt werden müssen, und andererseits immer feiner aufgelöste Rechengitter zum Einsatz kommen, um den stetig wachsenden Genauigkeitsanforderungen zu genügen. Lineare Gleichungslöser sind daher der treibende Motor der Pakete: dank immer komplexerer Simulationen geht die Zahl der zu behandelnden Variablen heutzutage schon in die Millionen, eine sehr große

Herausforderung für die „Ururenkel“ des Gauss‐Verfahrens, wie man es in der Schule lernt. Moderne Löser arbeiten allerdings nicht wie das Gauss‐Verfahren an der „direkten“ Lösung der Gleichungen, sondern schaffen durch eine geschickte sogenannte „iterative“ und „hierarchische“ Vorgehensweise gute Approximationen. Schließlich soll die Lösung sehr großer Systeme nur im Sekundenbereich liegen, während klassische Löser Tage bis hin zu Jahren brauchen würden!

Im Vortrag wird ganz anschaulich das Prinzip der vom Fraunhofer SCAI in der Gruppe um Dr. Klaus Stüben und Dr. Tanja Clees entwickelten hierarchischen Lösungsverfahren demonstriert. Diese Verfahren gehören zur Klasse der algebraischen Mehrgitterverfahren (AMG), welche vielen modernen Lösern zu Grunde liegt. Sie sind insbesondere realisiert in der kommerziellen Softwarebibliothek SAMG, welche bereits in vielen praktisch relevanten Softwarepaketen

zur Simulation naturwissenschaftlich‐technischer Prozesse im Einsatz ist. An aktuellen Beispielen aus der Industrie werden der Erfolg der (S)AMG‐Verfahren und ihr weiteres Potential demonstriert.

In einem Ausblick werden zudem die Möglichkeiten beleuchtet, welche deutlich beschleunigte Simulationen dem aktuell rasant an Bedeutung gewinnenden Thema „Robust Design“ bieten. Hier geht es nicht nur um die „klassische“ Optimierung von Prozessen und Produkten, sondern um das Finden von Designs, welche sich auch dann noch möglichst optimal verhalten, wenn realistische Prozess‐, Material,‐ bzw. Geometrieschwankungen einbezogen werden. Eine von Dr. Clees seit 2007 geleitete Gruppe am SCAI beschäftigt sich mit der Entwicklung innovativer Softwarewerkzeuge zum Robust Design. Beispielhaft werden aktuelle Anwendungen aus dem Automobilbereich (Crash) und dem Chipdesign vorgestellt.