Stiftung Werner-von-Siemens-Ring | Forschung und Wirkung: Katalysator der Energiewende – für eine effizientere Gewinnung von grünem Wasserstoff

Forschung und Wirkung: Katalysator der Energiewende – für eine effizientere Gewinnung von grünem Wasserstoff

Blau/türkiser Bildrand mit dem Text "Forschung und Wirkung" und einem angeschnittenen Lorbeerkranz. Rechts ein Foto von einem Wasserstofftank. Bild: AA+W/AdobeStock

Grüner Wasserstoff gilt als eine Schlüsseltechnologie für eine klimaneutrale Zukunft. Doch seine Herstellung via Elektrolyse birgt technische Herausforderungen: Die bisher verwendeten Katalysatoren erbringen keine dauerhaft stabile Leistung. 2022 wurde die Chemikerin Olga Kasian als Jungwissenschaftlerin der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring für ihre Forschung ausgezeichnet, die eine neue Perspektive auf die Oberflächen dieser Katalysatoren ermöglicht. Die so gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage, um die Stabilität der eingesetzten Materialien weiterzuentwickeln und so eine effizientere Gewinnung von Wasserstoff aus regenerativen Energien sicherzustellen.

Erneuerbare Energiequellen sind ein wichtiger Bestandteil der Stromversorgung in Deutschland und sie gewinnen zunehmend an Bedeutung. Um eine unabhängige Stromversorgung langfristig sicherzustellen und Ressourcen zu schonen, soll ein nachhaltiges System die fossil-nuklearen Grundlagen der aktuellen Stromversorgung in Zukunft ablösen. Da die Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft- und Solaranlagen aber von Natur aus zeitweiligen Unterbrechungen unterliegt, braucht es umweltfreundliche Stromspeichertechnologien, um diesen Wandel voranzutreiben.

Als einer der Hoffnungsträger dieser Energiewende gilt Wasserstoff. Ende Mai 2023 haben Deutschland und Irland ein Forschungsabkommen zu grünem Wasserstoff beschlossen, um „die Energiewende voranzutreiben und unsere Energiesicherheit zu erhöhen“.  Als Speicher könnte Wasserstoff die natürlichen Schwankungen erneuerbarer Energiequellen abfangen. Wie genau die elektrochemischen Prozesse hinter diesem Speicherprozess ablaufen, untersucht die 2022 ausgezeichnete Jungwissenschaftlerin und Chemikerin Olga Kasian mit ihrem Team am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB).

Zunächst klingt es noch recht simpel: Wasserstoff ist das am häufigsten im Universum vertretene Element, auf der Erde kommt er aber ausschließlich in Verbindung mit anderen Elementen vor; vor allem in Verbindung mit Sauerstoff als Wasser. Um Wasserstoff zu gewinnen, wird Wasser mittels Elektrolyse in seine Bestandteile zerlegt. Wenn dieser elektrochemische Prozess mit Strom aus erneuerbaren Energien verursacht wird, spricht man von grünem Wasserstoff. Auf diese Weise gewonnener Wasserstoff „speichert“ die aufgewendete Energie, da diese später durch eine chemische Reaktion wieder freigesetzt werden kann.

Doch die technische Umsetzung dieses Abspaltungsprozesses steht vor Herausforderungen, denn die Leistungsfähigkeit der Elektrokatalysatoren ist nicht dauerhaft stabil, sondern nimmt über die Zeit ab. Dieser Wirkungsgradverlust der Katalysatoren ist auf Veränderungen an deren Oberfläche zurückzuführen, die durch den elektrochemischen Prozess der Wasserstoffgewinnung verursacht werden. Die Erforschung dieser Umwandlungs-Mechanismen, die auf einem atomaren Level stattfinden, ist schwierig, denn die derzeit verfügbaren Methoden zu einer so genauen Oberflächenanalyse sind begrenzt.

Olga Kasian hat sich in ihrer Forschung diesem Problem gewidmet und einen Weg gefunden, die chemische Natur der Katalysatoren-Oberflächen auf atomarer Ebene zu untersuchen. Dies wird durch einen einzigartigen, multidisziplinären Ansatz zum Verständnis der Stabilität und Reaktivität einzelner Atome erreicht. Bei diesem Ansatz werden Katalysatoren oder Reaktanten „markiert“, indem bestimmte Atome durch ihre Isotope ersetzt werden. Die Isotope können dann in den Zielprodukten oder als Zwischenprodukte des Abbaus nachgewiesen werden und geben Einblicke auf molekularer Ebene.

Ergänzende Informationen zur Stabilität von Katalysatoren auf der Ebene einzelner Atome werden dann durch die Atomsonden-Tomographie gewonnen. Diese ist in der Lage, ein Material auf atomarer Ebene bildlich darzustellen. Die Kopplung der elektrochemischen Techniken und der Tomographie verbessert unser Verständnis der komplexen Zusammenhänge zwischen Oberflächenstruktur, -zustand und -funktion in der Elektrokatalyse. Dadurch können die Wasserspaltung und die nachhaltige Energiespeicherung in Zukunft effizienter gestaltet werden.

Olga Kasians Forschungsarbeit konnte die wesentlichen Merkmale der Katalysator-Oberflächen aufzeigen, die für die Leistungsverschlechterung verantwortlich sind. Auf dieser Basis können neue Strategien zur Verbesserung der Stabilität von Katalysatormaterialien entwickelt werden. Die Forschung von Olga Kasian und ihrem Team ist ein großer und vielversprechender Schritt in Richtung einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft.

Lesen Sie hier mehr zu Olga Kasians Forschungsarbeit (Artikel auf Englisch).

Über Prof. Dr. Olga Kasian

Olga Kasian promovierte 2013 in Elektrochemie an der Ukrainischen Staatlichen Universität für Chemische Technologie. Danach arbeitete sie als Postdoc an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. 2015 erhielt sie ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung und wechselte an das Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf. Seit 2019 leitet Olga Kasian die Helmholtz-Nachwuchsgruppe am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), die sich mit dynamischen Veränderungen in Materialien während elektrokatalytischer Reaktionen beschäftigt. Seit 2021 ist sie Professorin für Materialien zur elektrochemischen Energieumwandlung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Die Forschung von Olga Kasian zielt darauf ab, ein modellhaftes Verständnis chemischer Prozesse von komplexen elektrochemischen Grenzflächen zu erlangen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Elektrokatalyse für Energiespeicherung und -umwandlung, mit dem Ziel, Stabilitätsbeschränkungen von Katalysatormaterialien zu überwinden.