* 16.August 1923 in Oeding, † 27. Aprl 1996 in Aachen
Rudolf Schulten wurde für seine grundlegenden Arbeiten zur Entwicklung des Hochtemperaturreaktors geehrt.
Der 1987 mit dem Siemens-Ring geehrte Kern- und Reaktorphysiker Rudolf Schulten wurde am 18. August 1923 in Oeding in Westfalen als Sohn eines Textilfabrikanten geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Borken wurde er 1943 zum Wehrdienst einberufen. Er studierte von 1945 bis 1949 an der Universität Bonn Physik und Mathematik und schloss das Studium mit dem Mathematik-Diplom ab. Dann ging er zum Max-Planck-Institut für Theoretische Physik in Göttingen, wo er unter der Anleitung von Werner Heisenberg 1952 eine Dissertation mit dem Titel „Die magnetischen Momente und Quadrupolmomente einiger leichter Atomkerne“ verfasste, mit der er 1952 an der Universität Göttingen promovierte. Danach schloss er sich der Neutronenphysik- und Reaktorgruppe von Karl Wirtz an. Doch 1956 verließ Rudolf Schulten Göttingen und ging zur Brown, Boveri & Cie. AG in Mannheim, wo er die Abteilung Reaktorentwicklung übernahm. Unter seiner Leitung wurde von 1958 bis 1962 der Hochtemperaturreaktor mit heliumgekühlten und graphitummantelten Brennelementen entwickelt. In diesem innovativen Reaktor bewegten sich die kugelförmigen Brennelemente in einem Schacht aus hitzebeständigem keramischem Material, während sie von Helium als Kühlgas umströmt wurden. Der „Kugel-haufenreaktor“ zeichnete sich durch „inhärente“ Sicherheit aus, da er sich bei einer Unterbrechung des Kühlkreislaufs selbsttätig abschaltete. Er hatte einen hohen Wirkungsgrad von über 50 Prozent, und seine hohe Betriebstemperatur von bis zu 950 °C ermöglichte die Erzeugung von Prozesswärme z. B. zur Kohlevergasung. In der damaligen Kernforschungsanlage Jülich wurde ein Kugelhaufen-Versuchsreaktor gebaut, der 1967 erstmals an das öffentliche Stromnetzt angeschlossen wurde und sehr zuverlässig eine elektrische Leistung von 15 Megawatt (MW) lieferte. Schulten wurde 1964 ordentlicher Professor für Reaktortechnik an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und Direktor am Institut für Reaktorentwicklung der Kernforschungsanlage Jülich. Er übernahm die Leitung des Projektes „Thorium-Hochtem-peraturreaktor“ (THTR), dessen Ziel die Entwicklung eines 300-MW-Kernkraftwerks mit einem Kugelhaufenreaktor war, in dem Thorium als Kernbrennstoff erprobt werden sollte. 1972 begann der Bau dieser Anlage in Hamm-Uentrop, die Übergabe an den Betreiber fand indes erst 1987 statt. Der Reaktor konnte die in ihn gesetzten hohen Erwartungen jedoch nicht erfüllen und wurde schon 1989 stillgelegt. Während in Deutschland das Interesse am Kugelhau-fenreaktor schwand, hielt es im Ausland an, z. B. in den USA und in China. Rudolf Schulten wurden zahlreiche Ehrungen zuteil. So erhielt er neben dem Siemens-Ring den Otto-Hahn-Preis der Stadt Frankfurt am Main, und die Tsinghua-Universität in Peking und die Universität-Gesamthochschule Essen verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. Am 30. April 1996 ist er in Aachen gestorben.
Lebensweg
1945-1949 Studium der Physik und Mathematik an der Universität Bonn.
1950-1956 Tätigkeit am Max-Planck-Institut für Theoretische Physik in Göttingen.
1952 Promotion zum Dr. rer. nat. bei Prof. Heisenberg mit einer Arbeit zur Kernphysik.
1956-1964 Technischer Geschäftsführer der Brown Boveri/Krupp Reaktorbau GmbH in Mannheim.
1958-1962 Entwicklung des Prototyps eines Hochtemperaturreaktors mit heliumgekühlten und graphitummantelten kugelförmigen Brennelementen.
1961 Honorarprofessor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
1964 o. Professor für Reaktortechnik an der RWTH Aachen und Direktor am Institut für Reaktorentwicklung der Kernforschungsanlage Jülich.
1967 wurde der von Schulten entwickelte 15-MW- Versuchsreaktor an das öffentliche Netz angeschlossen.
1969-1972 Vorsitz des Wissenschaftlich-Technischen Rates der Kernforschungsanlage Jülich.