Stiftung Werner-von-Siemens-Ring | Begrüßung Cornelia Denz Verleihung Werner-von-Siemens-Ring 2022

„Ein Ring, sie zu inspirieren…“ – Begrüßungsrede von Cornelia Denz zur Ringverleihung 2022

Foto von Cornelia Denz am Rednerpult zur Verleihung des 40. und 41. Werner-von-Siemens-Rings 2022. Links unten die Wort- und Bildmarke der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring

Am 13. Dezember wurden der 40. und 41. Werner-von-Siemens-Ring verliehen. Zum einen an Prof. Dr. Stefan Hell vom Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften für die Entwicklung der Nanomikroskopie, die den Blick auf die molekulare Ebene in lebenden Zellen erlaubt. Zum anderen an das BioNTech-Team bestehend aus Prof. Dr. Christoph Huber, Prof. Katalin Karikó, PhD, Prof. Dr. Uğur Şahin und Prof. Dr. Özlem Türeci für die Erschließung der mRNA-Technologie, die damit ein neues Zeitalter der medizinischen Praxis eröffnet haben.

Cornelia Denz, Präsidentin der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring, erläuterte in ihrem Grußwort die Aufgabe der Stiftung, ihre Historie und wie sich die neu gekürten Preisträger:innen in diese Tradition einreihen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Heil,
sehr geehrte rumänische Botschafterin Frau Stănescu, sehr geehrter Herr ungarischer Botschafter Herr Györkös,
sehr geehrte Präsidentinnen und Präsidenten von Universitäten, Forschungseinrichtungen, Forschungsorganisationen und Verbänden,
sehr geehrte Vertreter der Werner Siemens-Stiftung, Herr Keiper, Herr Huberto und Herr von Brandenstein,
sehr geehrte Mitglieder des Stiftungsrats der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring und auch natürlich sehr geehrte Damen und Herren,

ich darf Sie alle erst einmal ganz herzlich im Namen der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring zu dieser ganz besonderen Veranstaltung begrüßen.

Die Verleihung des Werner-von-Siemens-Rings ist nicht nur ein Highlight für die Stiftung und ihre Freundinnen und Freunde, sondern auch in der Preislandschaft. Sie reiht sich als gefühlter Nobelpreis der Technik in die vorderste Reihe derjenigen Preisverleihungen in Deutschland, die zukunftsweisende Innovationen auszeichnen, ein.

Das haben wir gerade vom Oriel Quartett – den Vieren, die wir gerade gehört haben – perfekt musikalisch übersetzt bekommen. Denn das Stück, das sie gehört haben, hieß Punctum von Caroline Shaw und die Autorin selbst sagt, das hat nostalgische Anklänge an Bachs Matthäus-Passion, aber auch an die Essays des französischen Philosophen Roland Barthes über das Unerwartete. Denn das ist die Leitidee des Quartetts, interdisziplinär und im Experimentieren die Horizonte des Quartettspiels zu erweitern. Das wurde jetzt sehr schön musikalisch deutlich und es ist auch eine hervorragende Einführung in diesen Abend. Denn wir werden nostalgische Anklänge haben an unseren Namensgeber Werner von Siemens und dessen Experimentier- und Erfindergeist und die will der Werner-von-Siemens-Ring ebenfalls als Horizont der Innovation in Richtung Technologie und Firmengründung erweitern.

„Wer neu und anders denkt, kann die Welt verändern.“ Mit diesem Zitat von Werner von Siemens möchte ich jetzt zunächst Sie, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, als wichtigste Personen des heutigen Abends begrüßen. Das Zitat bringt ihre Errungenschaften eigentlich genau auf den Punkt. Wir zeichnen Sie heute für Ihre bahnbrechenden Leistungen zwischen naturwissenschaftlicher Forschung und technologischer Anwendung und deren Transaktionen in die Industrie mit dem Werner-von Siemens-Ring aus.

Sie haben wahrlich die Welt verändert. Man könnte sagen, Sie haben geradezu vorbildlich in hochaktuellen Themenfeldern mit den von Ihnen entwickelten Erfindungen die überlebenswichtigsten Lösungen für die Gesellschaft gefunden. Nicht nur in kürzester Zeit, sondern auch genau in der richtigen Zeit. Der Werner-von Siemens-Ring darf bei ihren Erfindungen ganz zu Recht Nobelpreis der Technik genannt werden.

Sie, Herr Hell, haben mit dem Transfer einer grundlegenden Abbildungsidee in ein neuartiges Mikroskop nicht nur in bahnbrechender Weise das Innere von Zellen sichtbar gemacht, sondern auch die Voraussetzung geschaffen, Viren zu untersuchen. Diese unvorstellbar hochauflösende Nanoskopie ist inzwischen weit verbreitet und hat auch biomedizinische Analyse möglich gemacht, die man vorher nicht für möglich gehalten hat.

So leitet Ihre geniale Idee dann über in die herausragende Erfindung unseres zweiten Preisteams: Frau Türeci, Herr Şahin, Frau Karikó und Herr Huber. Sie haben mit Ihren Forschungen und der nachfolgenden Entwicklung eines Impfstoffs auf Basis von Booten-RNA, nicht nur Millionen von Menschen vor Infektionen oder Krankheit bewahrt, sondern auch vielen Menschen neue Arbeitsplätze eröffnet. Das ist eine Jahrhundertleistung und für diese gebührt Ihnen unser großer Dank.

Ich will darauf jetzt nicht weiter eingehen, denn es wird Laudatoren geben, die ich auch ganz herzlich begrüße: einerseits Herr Professor Hengartner, der langjährige Leiter des Instituts für Experimentelle Immunologie der ETH Zürich und Professor Cramer vom Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen. Diese werden im Verlaufe das Abends Ihre prägenden Arbeiten noch gebührend würdigen. Seien Sie erstmal aufs Herzlichste willkommen und genießen Sie diese Preisverleihung, die für Sie da ist.

Diese dürfen wir in diesen schönen Räumlichkeiten unseres Gastgebers, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, feiern. Das gibt mir die Gelegenheit, auch dem Präsidenten der Akademie, Herrn Professor Markschies, ganz herzlich zu danken, dass er uns heute hier aufgenommen hat. Diese historisch bedeutsame Einrichtung könnte nicht besser für die Ringverleihung gewählt werden. Sie ist hervorgegangen aus der Kurfürstlich-Brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften und wurde vom Namensgeber dieses Saales, Gottfried Wilhelm Leibniz, 1700 als erstem Präsident sehr stark geprägt. Denn das Besondere an dieser Einrichtung war, dass Natur- und Geisteswissenschaften interdisziplinär gedacht wurden und gleichwertig in der Akademie in vier Klassen realisiert wurden.

Das war damals schon ein großer Fortschritt im Vergleich zu den großen Pendants in London oder Paris. Dort gab es noch einzelne Organisationen, die auf Wissenschaftsgebiete spezialisiert waren. Zum Beispiel die Royal Academy of Arts für Kunstinstitutionen in London oder die Académie des Sciences in Paris. Sie hatte sechs Klassen: Geometrie, Astronomie, Mechanik, Anatomie, Chemie und Botanik. Mein Fach ist die Physik. Das kam erst 85 Jahre später dazu. Das war damals noch ganz stark segregiert.

Deshalb war die Berliner Akademie Vorbild für alle nachfolgenden Akademien. Während der französischen Revolution 1795 wurden in Frankreich die Institutionen zusammengelegt zur neuen Staatlichen Akademie, dem Institut National des Sciences et Arts. Das ist das Vorbild von hier.

Viele weitere Stationen hat die Akademie gemacht, bevor sie die Berlin-Brandenburgische Akademie wurde. Aber die Aufgabe ist genau dieselbe Aufgabe, die wir auch in unserer Stiftung haben: in inter- und transdisziplinären Projekten aktuelle wissenschaftliche und gesellschaftliche Fragestellung aufzugreifen und einen Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in der Öffentlichkeit führen.

Übrigens, den Gründer Gottfried Leibniz können wir uns auch als einen genialen und höchst erfinderischen Universalgelehrten vorstellen. Er hatte es selbst mal so formuliert: Er hat bereits beim Erwachen so viele Einfälle, dass der Tag nicht ausreicht, sie niederzuschreiben. Das sind luxuriöse Probleme. Und das war tatsächlich so von der Monadentheorie als erste atomare Theorie über die Entwicklung von Gesetzbüchern bis hin zur mechanischen Rechenmaschine. Leibniz war ein Erfinder im wahrsten Sinne des Werner-von-Siemens-Rings und genauso wie die heutigen Preisträgerinnen und Preisträger eben ein Impulsgeber, nicht nur für Wissenschaft, sondern auch für Wirtschaft und Gesellschaft.

Über die Zeit reihten sich herausragende Persönlichkeiten in diese Akademie, die dadurch weltweit zu Ruhm und Ansehen gelangten. Einer von ihnen ist ein Mathematiker aus meiner jetzigen neuen Nachbarschaft, nämlich Carl Friedrich Gauß. Als gebürtiger Braunschweiger war er als Fürst der Mathematik bekannt. Sie wissen, er hat die Landesvermessung des Königreichs Hannover beauftragt und realisiert. Er hat auch Magnetometer, ein Netz von Stationen zur Erforschung des Erdmagnetismus, realisiert. Also hat er die Grundlagen der Mathematik mit der Erfindung von praktischen Geräten verbunden. Dadurch wurde er 1810 Mitglied der Akademie.

Ein weiterer Universalgelehrter wurde 1870 Mitglied der Akademie: Hermann von Helmholtz. Bereits hoch anerkannter Professor an der Universität Heidelberg, hat er zunächst wichtige Beiträge zur Theorie, der Optik, Akustik oder Thermodynamik geleistet. Und noch bevor er hier in Berlin ankam, wurde er schon in die Akademie aufgenommen, weil er auch praktisch interessiert war. Er war Physiker und Physiologe. Er hat den Augenspiegel entwickelt, den sie heute noch bei Augenärzten sehen. Er hat Resonanzkugeln entwickelt, um das Gehör zu testen. Er hat die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen mit einem Myographion und er hat den Krümmungsradius der Hornhaut bestimmt mit einem Telestereoskop. Das sind also sozusagen die Vorläufer der Erfindungen, die wir auch heute hören. Er war nicht nur Grundlagenforscher, sondern er setzte sich auch für diejenigen ein, die in die Akademie aufgenommen werden sollten.

Einer von ihnen, mit dem Helmholtz bald eine Freundschaft verband, war Werner Siemens. Er war da schon ein relativ berühmter Industrieller.

Er hatte zu dieser Zeit bereits die indoeuropäische Telegrafenlinie verlegt. Aber er strebte nach mehr. Er wollte die Städte mit Licht versehen und elektrifizieren. Er war überzeugt, dass der Wert einer Erfindung in der praktischen Durchführung liegt und dazu wollte er die beste Technik einsetzen. Dazu gehörten aktuelle naturwissenschaftliche Ergebnisse.

Damit ist er bei Helmholtz auf offene Ohren gestoßen, denn er war überzeugt: Zählen und Messen sind die Grundlagen für die fruchtbarsten, sichersten und genausten Methoden, die auch in der Industrie Anwendung finden. Damit sorgte er dafür, dass – ein Novum – Werner Siemens als Unternehmer Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften wurde.

Daraus entwickelten sie ein gemeinsames Ziel. Sie wurden beide engagierte Verfechter einer neuen Art von Einrichtung, nämlich eine physikalisch-technische Forschung betreibende Einrichtung, die außerdem Standards für neue Technologien setzt. Das war nicht einfach, aber es ist gelungen. Das wurde die Physikalisch-Technische Reichsanstalt, die Vorgängereinrichtung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, gegründet 1887 in Berlin-Charlottenburg. Damit haben die beiden etwas möglich gemacht: eine Forschungseinrichtung verbunden mit den Anliegen der deutschen Industrie. Damit bekamen sie einen Vorsprung „Made in Germany“, das ein positives Merkmal wurde. Damit haben die beiden viel erreicht und wurden beide in den 1880er Jahren in den Adelsstand erhoben. Deshalb heißen sie beide auch „von“.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass das Andenken von Werner von Siemens auch in Stiftungen gewürdigt wird. Lassen Sie mich jetzt einige Worte zu der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring sagen. Diese wurde zum hundertjährigen Geburtstag von Werner von Siemens am 13.12.1916 gegründet. Deshalb feiern wir die Ringverleihung immer an diesem Tag und genau heute vor 106 Jahren wurde die Stiftung gegründet. Wir haben eine Schwestergesellschaft, die schweizerische Werner Siemens-Stiftung. Sie wurde fast zeitgleich von den Töchtern seines Bruders Karl Siemens gegründet und wird demnächst hundert Jahre alt. Sie fördert außergewöhnliche Forschungsideen und herausragende Innovation und wir sind sehr dankbar, dass sie auch uns als Schwester-Organisation unterstützt, damit wir unsere Aktivitäten in Zukunft erweitern und die Preisverleihung stärken können.

Unter den Gründungsmitgliedern unserer Stiftung Werner-von-Siemens-Ring befanden sich Personen, die ich jetzt kurz vorstellen möchte: Adolf von Harnack. Er war Theologe, der sich für die Stärkung der Wissenschaft durch Beteiligung an der Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft einsetzte und für die Verbreitung der Wissenschaft. Außerdem setzte er sich auch für den Zugang von Frauen zur Wissenschaft ein. Sie sehen, das ist heute aktueller denn je, dass sich Personen auch für die Wissenschaft und die Wahrheit, die in Wissenschaft steckt, einsetzen.

Walther Rathenau, der heute eher bekannt ist für seine internationalen Aktivitäten und seine wirtschaftspolitische Handlung, trieb zu diesem Zeitpunkt die Elektrochemie und die Elektrizität um; in dem von ihm geleiteten Unternehmen AEG.

Emil Warburg, ein Physiker, hat den Elektromagnetismus entwickelt und neue Motoren entdeckt. Er war auch Präsident der Physikalischen Reichsanstalt.

Ferdinand Graf von Zeppelin – dessen Errungenschaft muss ich Ihnen gar nicht erst vorstellen.

Dann gab es auch Stifter, die illustrer waren. Natürlich Kaiser Wilhelm II, oder Ludwig III, aber auch Wilhelm Conrad Röntgen, der damals gerade seine berühmte Strahlung entdeckt hatte. Heute zählen zum Stiftungsrat neben früheren Ringträgern auch alle Leitungen der führenden Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft und Leibniz-Gemeinschaft, Stifterverband und Industrieverbände, die ich hiermit auch ganz herzlich begrüße.

Sie sehen also, 100 Jahre lang gab es einen dynamischen, engagierten Kreis von Persönlichkeiten an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Technologietransfer. Das macht im Sinne von Siemens das aus, was wir heute auch feiern, nämlich die Einstellung. Es ist gerade der Triumph der Wissenschaft und Technik, dass sie das, was früher nur den Reichen zugänglich war, allgemein genießbar macht. Damit hat Siemens Recht, denn schließlich können wir mit Naturwissenschaft und Technik Grenzen überwinden, Brücken bauen und gesellschaftliche Herausforderungen meistern.

Das ist mir wichtiger denn je in dieser Zeit. Die technische Forschung, die ihren Weg in die Anwendung findet, trägt dann auch zum gesellschaftlichen Wandel bei.

Dazu braucht es Talente, die sich auch für die Technikforschung entscheiden. Deshalb ist die Aufgabe unserer Stiftung, Forschungstalente zu inspirieren, diesen Weg zu gehen. Mit diesem Ziel loben wir zwei Preise aus. Der eine richtet sich an die jungen, vielversprechenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich der Technik verschreiben und die für drei Jahre in die Stiftung aufgenommen werden.

Dann haben wir den Ring, der Lebensleistungen von Persönlichkeiten auszeichnet, die neu und anders gedacht haben und damit natürlich auch die Zukunft unserer Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Der Werner-von-Siemens-Ring ist herausgehoben durch sein hohes Ansehen, weil er eben genau ein Preis ist, der in die Technologie geht und diejenigen auszeichnet, die auch den Weg in die Industrie gehen.

Das zeigt sich an vielen Preisträgern: der erste war 1916 Carl von Linde, der den Kühlschrank entwickelt hat, 1924 Carl Bosch, 1930 Hugo Junkers, 1964 Walter Schottky, 1975 Wernher von Braun. Diese Personen muss ich ihnen gar nicht vorstellen. Die kennen Sie alle sehr gut. 1993 erhielt Eveline Gottzein den Ring für die Entwicklung der Magnetschwebebahn, 2005 Berthold Leibinger für die Nutzung von Lasern für die Materialverarbeitung, 2011 Manfred Fuchs für seine Verdienste in der Satellitentechnik und 2020 Jens Frahm für die Entdeckung und Umsetzung der Magnetresonanztomographie.

Das sind Beispiele, die zeigen, wie die Wissenschaft die Erkenntnis in Technologie entwickelt wird. Sie alle sind also dem Motto von Werner von Siemens gefolgt: „In dem ‚Ich will!’ liegt eine mächtige Zauberkraft, wenn es ernst damit ist und die Tatkraft dahintersteckt!“

Das ist auch das Besondere an unserem Preis, denn der Preis ist verbunden mit einem geschmiedeten Ring. So einem Ring, dem wohnt auch eine gewisse Zauberkraft inne: als Schmuck, als Amulett, als Siegelring, auch als Machtauszeichnung. Sie kennen ja alle den Fischerring des Papstes. Dieser Ring ist auch ein Zeichen der Verbundenheit und der Freundschaft. Ringe symbolisieren auch schicksalhafte Mythen. Denken sie nur an den Ring des Nibelungen, der übrigens genau zu der Zeit als unsere beiden Gründer Werner von Siemens und Hermann von Helmholtz für ihre eigene Forschungseinrichtung kämpften, 1876 uraufgeführt wurde im eigens dafür gebauten Opernhaus in Bayreuth. In der Nibelungensage geht es darum, dass der Zwerg Alberich aus dem Volk der Nibelungen einen Ring aus dem gestohlenen Gold der Rheintöchter schmiedet. Wenn man die Macht des Ringes haben will, dann muss man der Liebe Lust verjagen und der Zauber zum Reif erzielt sich nur, wenn man der Liebe entsagt.

Ein weiterer Ring ist heute noch viel bekannter unter den jungen Menschen. Ein echter Kinohit. Eigentlich wollte der Englisch-Professor John Ronald Reuel Tolkien 1954 eine Mythologie für die Briten entwickeln, weil er sagte, das fehle dort. In dieser geht es auch um einen magischen Ring, der die Macht hat, ein ganzes Volk ins Verderben zu stürzen und man kann das Volk nur retten, wenn man den Ring zerstört. Dieser Film ist bis heute, 2001 bis 2003 verfilmt, ein Kassenschlager, und bricht bis heute Rekorde.

Diese Rekorde brechen auch Sie, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, als Pioniere. Wenn man über den Ring hier redet, dann müsste man das, was in der Herr-der-Ringe-Trilogie genannt wurde, umdichten: Das ist ein Ring, Sie zu inspirieren, Sie auszuzeichnen Ihrer Verdienste wegen, Sie ewig zu ehren. Und eben ein Ring, der genau das Umgekehrte ist wie der Ring aus „Herr der Ringe“.

Natürlich wäre so eine Inschrift ganz nett auf dem Ring, aber Ihre Ringe, die Sie auf den Podesten sehen, sind viel mehr: Sie sind Unikate. Diese Unikate sind so gestaltet, dass sie mit der Kassette eine Assoziation zu ihrem Preis haben. Dazu wird jeweils einmal vor der Verleihung ein Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben. Es gibt dann Bewerbungen von Goldschmiedinnen und Goldschmieden und daraus wird von einer Expertenjury von den Professuren zum Bereich Goldschmiede ausgewählt. Diesmal hat der Goldschmied Joachim Katzmann aus Hanau mit seinen Entwürfen gewonnen und er hat einigen von Ihnen schon zu Beginn die Ringe erklärt und wird das sicher auch im Anschluss noch einmal tun.

Heute zum 206. Geburtstag von Werner von Siemens, ehren wir Sie, liebe Preisträgerinnen und Preisträger. Mit kleinen Dingen, die oft Antwort auf große Fragen geben, wie die Autorin Frida Romay sagt. Diese kleinen Dinge sind so wichtig. Nur, wenn wir den Bauplan der Viren, deren komplexes Zusammenspiel und die Übertragungswege verstehen, ist es möglich, die Auswirkung auf den Organismus zu identifizieren und dann auch die adäquate Medikation zu entwickeln.

Das Verstehen beinhaltet sowohl Abbildung nanoskopischer Objekte, als auch die Entschlüsselung ihres Erbgutes und in diesem Sinne sind ihre beiden Preise auch zusammen ein Ganzes, das so wichtig ist, für das, was jetzt entstanden ist. Nämlich einen Impfstoff für die Menschheit zu entwickeln, der sie von einer der großen Krisen der letzten Jahre, dem Coronavirus, befreit und uns wieder einen normalen Umgang ermöglicht. Sie haben also, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, durch ihre innovativen Ideen, deren Umsetzung in wirksame Technologien, durch jahrelange Forschung und Technologieentwicklung, beeindruckende Ergebnisse erzielt.

Es freut mich besonders, dass erstmals in der Geschichte dieses Rings fünf Persönlichkeiten ausgezeichnet werden: ein Team und ein einzelner Preisträger. Es sind zwei Ringpreise. Sie sehen das hier hinter mir: der 40. und der 41. Ring, die heute verliehen werden. Es gibt noch weitere besondere Merkmale unter den fünf Ausgezeichneten: Zum zweiten Mal erst werden zwei Wissenschaftlerinnen ausgezeichnet. Die erste Pionierin war Eveline Gottzein. 1993 hat sie den Preis bekommen als ausgewiesene Expertin der Regelungstechnik für Hochgeschwindigkeitsmagnetbahnen. So wie Frau Gottzein eine Vordenkerin war und Umsetzerin bahnbrechender Ideen, so sind Sie das auch und es freut mich besonders, dass zwei Wissenschaftlerinnen zu diesem Team gehören – sozusagen ein ausbalanciertes, paritätisches Team.

Schließlich freut es mich, dass die heute Ausgezeichneten mit einem internationalen Hintergrund ihre herausragenden Ideen umgesetzt haben. Es zeigt, dass die Herkunft für die eigene Biografie von Bedeutung ist, aber das jedoch für das Potenzial, Bahnbrechendes zu leisten, keine Rolle spielt. Es freut mich auch zu hören, dass Sie in Ihren Herkunftsländern ebenso hochgeehrt werden und das müsste sie auch stolz machen, dass sie überall auf der Welt diese Ehrungen erfahren. Ich gratuliere Ihnen also von ganzem Herzen zu Ihren Ideen, Ihren Entwicklungen und Ihren Erfolgen: zusammen eine äußerst beeindruckende Leistung, die in jeder Hinsicht so viel für viele Menschen bedeutet. Herzlichen Glückwunsch!

Lassen mich kurz den weiteren Verlauf des Abends erklären, den Sie auch in Ihrem Programm finden. Wir werden jetzt einen kurzen Film sehen, der noch mal die Errungenschaften der Preisträgerinnen und Preisträger darlegt und dann wird Herr Bundesminister Heil uns begrüßen und den Preisträgerinnen und Preisträgern weitere Botschaften mit auf den Weg geben. Dann kommt die Preisehrung. Wir werden nacheinander beide Teams ehren, zunächst mit einer Laudatio. Dann werden wir die Preise übergeben und hören auch von den Preisträgerinnen und Preisträgern einige der neuen Entwicklungen für die Zukunft. Am Ende wird Nathalie von Siemens als eine der Nachfolgerinnen in der Familie von Siemens ein Schlusswort halten. Darauf freuen wir uns.

Also seien Sie gespannt auf einen schönen Abend und ich sage: Film ab!

Aufzeichnung der Festveranstaltung

Begrüßungsrede von Cornelia Denz ab 00:09:13.