Stiftung Werner-von-Siemens-Ring | Für die Schifffahrt von morgen - aktuelle Forschungsvorhaben der HSVA

Die Schifffahrt von morgen gestalten – aktuelle Forschungsvorhaben der HSVA

Foto verschiedener Modelllager. Links weißer Kasten mit Wort-Bild-Marke Werner-von-Siemens-Ring.

Internationale Schifffahrt hat nicht nur eine lange Tradition, sie ist bis heute relevant für den Gütertransport. Um den Anforderungen einer globalisierten Welt gerecht zu werden, forscht die Hamburgische Schiffbauversuchsanstalt (HSVA) an Zukunftstechnologien für mehr Sicherheit, höhere Effizienz und bessere Ressourcenschonung. Prof. Dr. Janou Hennig lud die Jungwissenschaftler:innen der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring im Frühjahr 2023 ein, die HSVA zu besichtigen. 2007 wurde sie selbst als Jungwissenschaftlerin ausgezeichnet und ist mittlerweile Geschäftsführerin der Versuchsanstalt, in der seit 1913 maritime Technologien erprobt werden. Hier stellen wir aktuelle Forschungsvorhaben der HSVA vor.

Methodik für die unmittelbare Bewertung und Kontrolle der Risiken für ein leckgeschlagenes Schiff

FLARE (Flooding Accident Response; EU Horizon 2020 – ID 814753): Das übergeordnete Ziel des FLARE-Projekts ist die Entwicklung einer risikobasierten Methodik für die unmittelbare Bewertung und Kontrolle der Risiken für ein leckgeschlagenes Schiff. Dies soll erreicht werden durch die Erstellung einer aktualisierten Unfalldatenbank für Fahrgastschiffe und die damit einhergehenden Schadensbilder sowie die Verwendung dieser Datenbank mit Unterstützung durch entsprechend geprüfte Überflutungssimulationswerkzeuge und Crashworthiness-Modelle, um ein allgemeines Risikomodell für Überflutungsereignisse zu entwickeln, das Kollisionen und Grundberührungen berücksichtigt, wobei der Schwerpunkt auf einer kosteneffizienten Risikobegrenzung in Notfällen liegt.

Gate Rudder System

GATERS (Gate Rudder System; EU Horizon 2020 – ID 860337): Ziel von GATERS ist es, ein nachrüstbares Gate Rudder System (GRS) zu entwerfen, herzustellen und zu installieren und die Wirksamkeit des nachgerüsteten GRS hinsichtlich Leistungseinsparung und Verbesserung der Manövrierfähigkeit zu demonstrieren.

Emissionsfreie Fahrgastschiffe

TrAM (Transport: Advanced and Modular; EU Horizon 2020 – ID 769303): Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung emissionsfreier, schnell fahrender Fahrgastschiffe durch fortschrittliche modulare Produktion, wobei der Schwerpunkt auf elektrisch betriebenen Schiffen liegt, die in Küstengebieten und auf Binnenwasserstraßen eingesetzt werden. Das Projekt ist innovativ in Bezug auf die eingeführte emissionsfreie Technologie, das Design und die Herstellungsmethoden. Gleichzeitig soll es beweisen, dass elektrisch betriebene Schiffe schnell und wettbewerbsfähig sein können, was die angebotenen Dienstleistungen, die Umweltauswirkungen und die Lebenszykluskosten angeht. Die im Rahmen dieses Projektes entwickelte MS MEDSTRAUM ist inzwischen seit fast einem Jahr erfolgreich in Betrieb.

Unkonventionelle Propeller

DEffProForm (Design von effizienten Schiffspropellern mit unkonventioneller Formgebung; BMWK – ID 03SX516D): Das Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, die Möglichkeiten unkonventioneller Propeller zu untersuchen und auszuschöpfen, um den Treibstoffverbrauch durch Erhöhung des Propellerwirkungsgrades zu senken. Dazu wird das Entwurfsverfahren für solche Propeller (wie z.B. Tip-Fin-Propeller) sowie die numerischen Werkzeuge für die Leistungsvorhersage entwickelt.

Potenziale aktiver und passiver Strömungssteuerung

SAMSON (Marine Applications of Active and Passive Flow Control in Ship Design; BMWK ID 03SX496B): Das Forschungsprojekt SAMSON zielt darauf ab, das Potenzial aktiver und passiver Strömungssteuerung für Anwendungen im Schiffbau zu untersuchen und die Wirksamkeit für eine Reihe von Anwendungsfällen zu demonstrieren. Diese zielen auf die Manövrierfähigkeit, die Seegangseigenschaften und den Leistungsbedarf ab und bieten neue Möglichkeiten zur Verringerung der Emissionen und zur Verbesserung der Sicherheit der Schifffahrt.

Mess- und Prüfverfahren für innovative Antriebssysteme

Twin-crp-pod ULCS (BMWK ID 03SX520A): Im Rahmen des von MarTERA ERA-NET gegründeten Verbundforschungsprojekts „Twin-crp-pod ULCS“ entwickelt die HSVA Mess- und Prüfverfahren für innovative Antriebssysteme. Untersucht wird ein neues Antriebssystem für ein Ultra-Large Container Ship (ULCS), das aus einem Twin-Skeg-Hinterschiff mit konventionellen Propellern besteht, die jeweils durch einen gegenläufigen Azimuthantrieb ergänzt werden. Um die hydrodynamische Effizienz eines solchen Systems im Vergleich zu einem konventionellen Ein-Schrauben-Antrieb zu bewerten, wurde an der HSVA eine spezielle Testtechnik entwickelt, welche die im Kavitationstunnel HYKAT erreichbaren, hohen Reynoldszahlen nutzt.

Glatte Rumpfoberflächen durch automatisch aufgebrachten und gefrästen PUR-Schaum

MegaYachtSchaum (BMWK ID 03SX440B): Das Forschungsprojekt Mega-Yacht-Schaum (MYS) zielt darauf ab, die traditionelle Methode des manuellen Auftragens und Glättens von Epoxidspachtel zu ersetzen. Das Ziel einer völlig glatten Rumpfoberfläche soll stattdessen durch einen automatisch aufgebrachten und gefrästen PUR-Schaum erreicht werden. Die Aufgabe der HSVA im Rahmen des Projekts besteht darin, die neue Rumpfoberfläche in der rauesten Umgebung – der Arktis – zu analysieren. Zu diesem Zweck werden Proben der Sandwichstruktur aus Rumpf und Schaumstoff auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen Eisreibung und Druckkräfte sowie die durch den thermischen Eisdruck verursachten Kräfte getestet.

Über den Autor Dipl.-Ing. Hilmar Klug

Schon in seiner Kindheit entwickelte Hilmar Klug eigene Schiffsentwürfe und setzte diese als funktionstüchtige Modelle um. Dieser Leidenschaft folgend studierte er in Hamburg im hochschulübergreifenden Studiengang Schiffbau und arbeitet seit nunmehr fast 23 Jahren als Projektleiter in der HSVA. Sein Schwerpunkt liegt in der Betreuung und Beratung der Kunden im Bereich der Optimierung der Rümpfe und Antriebe einschließlich der Entwicklung von effizienzsteigernden Komponenten, so genannten Energy Saving Devices.