Bernard Meyer
* 24. Mai 1948 in Papenburg
Bernard Meyer
* 24. Mai 1948 in Papenburg
Der Rat der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring hat in der Sitzung am 12. Dezember 2008 beschlossen, Herrn Dipl.-Ing. Bernard Meyer den „Werner-von-Siemens-Ring“ — Ehrenring für Verdienste um Naturwissenschaft und Technik — zu verleihen. Der Stiftungsrat zeichnet Herrn Bernard Meyer aus für seine wegweisenden technischen Entwicklungen beim Bau von neuzeitlichen und hochwertigen Passagierschiffen, Gastankern und Spezialschiffen und die unternehmerische Umsetzung in Papenburg und Rostock.
Die Entwicklungen von Bernard Meyer betreffen den Bau von neuzeitlichen und hochwertigen Passagierschiffen, Gastankern und Spezialschiffen. Er setzte sie in seinen modernen Werften in Papenburg und Rostock unternehmerisch um.
Mit Bernard Meyer, Diplomingenieur und Geschäftsführer der Meyer Werft GmbH in Papenburg, wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Werner-von-Siemens-Ringes ein Schiffbauer geehrt. Das 1795 gegründete Traditionsunternehmen befindet sich in siebter Generation im Familienbesitz. Durch die väterliche Werft, die er als Kind von seinem Schlafzimmer aus sehen konnte, ist Bernard Meyer schon früh der Faszination des Schiffbaues erlegen. Bei der Entgegennahme des Werner-von-Siemens-Ringes erinnerte er sich: „Da meine Brüder und ich am Wochenende auf der alten Werft oft verbotenerweise spielten, begann meine Schiffbauerausbildung schon mit vier Jahren.“
Geboren am 24. Mai 1948 in Papenburg, besuchte er dort die Grundschule und das Gymnasium. Nach dem Abitur studierte er von 1968 bis 1973 in Hamburg und an der damaligen Technischen Universität Hannover Schiffbau. Er schloss sein Studium als Diplom-Ingenieur ab und trat im Mai 1973 in das väterliche Unternehmen ein. Dort stand er schon bald vor seiner ersten großen Bewährungsprobe, durch die er die weitere Entwicklung der Meyer Werft entscheidend beeinflusste.
Die Meyer Werft hatte von der Sowjetunion einen Großauftrag über den Bau von sechs Gastankern mit einem Tankvolumen von jeweils 12000 m3 bekommen, für den die bestehenden Anlagen der Werft zu klein waren. Während Meyer Senior ursprünglich die alte Werft im Papenburger Stadtzentrum ausbauen wollte, konnte ihn sein Sohn davon überzeugen, dass es besser sei, eine neue Werft direkt an der Ems zu errichten: „So wurde ich für einige Zeit Bauingenieur, und in nur 16 Monaten bauten wir eine neue Werft und auf ihr den ersten Gastanker.“
Doch 1976, nach Ablieferung des letzten dieser Gastanker, wurde auch die Meyer Werft von der damaligen Werftkrise erfasst. Im Gefolge der Ölkrise 1973 war die Nachfrage nach neuen Schiffen eingebrochen. Zudem hatten Werften in Japan und Südkorea ihre Kapazitäten ausgebaut, und sie konnten preisgünstiger produzieren als deutsche Werften. Anders als viele Konkurrenten überstand die Meyer Werft diese Krise, nicht zuletzt weil man sich auf den Spezialschiffbau konzentriert hatte und dabei mondernste Fertigungstechnologien nutzte.
So berichtete Bernard Meyer: „Bei den Gastankern galt es mit Temperaturen von minus 104 Grad Celsius fertig zu werden. Das bedeutete, neue Schweißmethoden, neue Materialien im Tankbau. Wir haben ein eigenes Knowhow für die Gasanlage aufgebaut. Dabei beschäftigte uns die Frage, wie man 40 verschiedene, giftige und hoch explosive Gase transportiert, be- und entlädt und dabei auch noch kühlt.“ Zudem baute und baut die Meyer Werft Auto- und Passagierfähren sowie RoRo-Schiffe („Roll on Roll off“), die durch Rampen mit Fahrzeugen beladen werden. Und auch Tiertransporter, mit denen bis zu 125000 lebende Schafe von Australien zum Persischen Golf gebracht werden können, wurden zeitweise in Papenburg gebaut.
1982 übernahm Bernard Meyer die Leitung der Werft von seinem Vater. Zwei Jahre später wagte er den Sprung in den Kreuzfahrtschiffbau: „Ein griechischer Reeder benötigte ein Kreuzfahrtschiff für den Verkehr zwischen New York und den Bermudas. Bauzeit: nur zwei Jahre für ein 200 Meter langes Schiff. Keine Werft wollte dieses Wagnis eingehen. Wir haben es gemacht.“ Der 42000 BRT (Bruttoregistertonnen) große Luxusliner „Homeric“ lief am 28. September 1985 vom Stapel. Damit solch große und noch größere Schiffe den Papenburger Hafen verlassen konnten, hatte die Stadt neben der zu klein gewordenen Seeschleuse eine neue und größere Dockschleuse gebaut.
Im Laufe der Jahre sind die von der Meyer Werft in Papenburg gebauten Kreuzfahrtschiffe immer größer geworden. Dazu musste die Ems vertieft werden, auf der die Schiffe von der Werft zur Nordsee gelangen, wobei sie metergenau Kurs halten müssen. 2001 wurde mit der 294 Meter langen „Norwegian Star“ erstmals die Grenze von 90000 BRZ (Bruttoraumzahl) für die Vermessung eines in Papenburg gebauten Schiffes überschritten. Im Jahr 2008, als Bernard Meyer mit dem Werner-von-Siemens-Ring ausgezeichnet wurde, war die 317 Meter lange „Celebrity Solstice“ mit einer Vermessung von 122000 BRZ das größte Schiff der Meyer Werft. Doch gegenwärtig (2016) wird der lokale Rekord von den drei Schwesterschiffen „Quantum/Anthem und Ovation of the Seas“ gehalten, die 348 Meter lang sind und eine Vermessung von fast 169000 BRZ haben.
Die Kreuzfahrtschiffe der Meyer Werft sind in jeder Hinsicht technische Meisterleistungen. Die größten Schiffe haben mehr als 4000 Passagiere, die in über 2000 Kabinen untergebracht sind und ernährt, versorgt und unterhalten werden. Dazu dienen u. a. zahlreiche Restaurants und Bars sowie jeweils ein großes Theater für 2000 bis 3000 Personen. Da die Meyer Werft durchschnittlich zwei Kreuzfahrtschiffe pro Jahr baut, ist sie auch der größte Theaterbauer in Europa. Dass diese Kolosse so effizient wie möglich durch das Wasser gleiten, dafür sorgt u. a. ein „Luftteppich“ aus Luftblasen, die man am Schiffsboden ausströmen lässt. Dadurch verringert sich die Reibung zwischen Schiffsrumpf und Meereswasser, sodass Kraftstoff eingespart werden kann.
Mit der Einweihung der neuen Werft in Papenburg 1975 begann hier auch die Entwicklung vieler neuer Fertigungstechnologien. Bernard Meyer erinnert sich: „Nach dem Bau des ersten Kreuzfahrtschiffes kamen wir zu der Einsicht, dass solche hochwertigen Schiffe nicht draußen im norddeutschen Wetter gebaut werden sollten. Also errichteten wir die damals größte Halle der Welt mit integriertem Baudock.“ Nach einer Verlängerung ist diese Halle heute 370 Meter lang, gut 100 Meter breit und 60 Meter hoch. Noch größer ist die danebenstehende Halle, die 2008 fertig wurde. Sie ist 504 Meter lang, 125 Meter breit und 75 Meter hoch und damit das derzeit größte überdachte Baudock der Welt.
Mit ihren bis zu 18 Decks bestehen die Kreuzfahrtschiffe aus großen Stahlflächen aus dünnem Blech, die sauber zugeschnitten und verschweißt werden müssen. Dies geschieht im Laserzentrum der Werft, das zugleich das größte in Europa ist. Hier werden die Stahlbleche auf riesigen Schneidtischen computergesteuert mit Plasmabrenntechnik zurechtgeschnitten. Anschließend werden die großen Stahlteile auf Fertigungsstraßen mittels Laserschweißtechnik zu Blöcken verschweißt. Aus etwa 80 Blöcken, die jeweils bis zu 800 Tonnen wiegen können, entsteht dann das Kreuzfahrtschiff.
Die zum Schweißen verwendeten Laser lieferte übrigens die Firma Trumpf in Ditzingen, deren Gesellschafter Berthold Leibinger 2006 mit dem Werner-von-Siemens-Ring geehrt worden war. Über das eingesetzte Laserverfahren sagte Bernard Meyer: „Wir entwickelten mit einem eigenen Forschungsteam die Laserhybridtechnik für den Passagierschiffbau. So können wir leichtere und damit effizientere Schiffe als unsere Konkurrenz bauen.“
Der Bau von Passagierschiffen ist eine große logistische Herausforderung, zu deren Bewältigung die Meyer Werft ein spezielles computergesteuertes Lager- und Verteilungssystem entwickelt hat. Bernard Meyer: „Auch auf dem Gebiet des Product Data Management mussten wir wegen der Komplexität der großen Kreuzfahrtschiffe und der damit verbundenen Datenmengen ganz neue Wege gehen.“ Dabei müssen tausende von Zulieferern koordiniert werden. Für ein Kreuzfahrtschiff, bei dem der Vergabeanteil etwa 75 % beträgt, benötigt man u. a. je 35000 Tonnen Stahl und Ausrüstung, 40000 m2 Teppichboden, 2500 km Kabel, 400 km Rohre und 300 Tonnen Farbe.
Unter Bernard Meyers Regie wurde die Werftengruppe zu einem der vier weltweit größten Produzenten von Kreuzfahrtschiffen, mit einem Marktanteil von mehr als 25 %. Mit 3300 Mitarbeitern ist sie das bedeutendste Unternehmen im Emsland. Darüber hinaus hat die Gruppe Standorte in Rostock und im finnischen Turku. In Rostock-Warnemünde hat Bernard Meyer 1997 die traditionsreiche Neptun-Werft (525 Mitarbeiter) übernommen und neu aufgestellt. Auf der 1850 gegründeten Werft, die inzwischen zu den modernsten in Europa zählt, werden Gastanker und Flusskreuzfahrtschiffe gebaut. Die Werft in Turku (1500 Mitarbeiter), die 1737 gegründet wurde, gehört seit 2015 zur Familie. Hier werden Fähr- und Kreuzfahrtschiffe gebaut. Von hier kommt auch das bis Juni 2015 größte Passagierschiff der Welt, die 360 Meter lange und 225000 BRZ große „Allure of the Seas“, die Platz für 5400 Passagiere hat. Sie musste diesen Titel aber inzwischen an ein von einer französischen Werft gebautes Schwesterschiff abtreten.
Der Ingenieur und Unternehmer Bernard Meyer hatte und hat verschiedene verbandspolitische Ämter inne. Er war seit 1981 Vorstandsmitglied im Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM), seit 1987 Präsidiumsmitglied und von 2004 bis 2006 Präsidiumsvorsitzender im VSM. Von 1998 bis 2000 war er Präsident des europäischen Schiffbauverbandes CESA. Diese Position hat er seit Mitte 2010 erneut inne. Zudem gehörte er dem Außenwirtschaftsbeirat Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie an. Im Mai 2012 wurde Dr. Jan Meyer, ein Sohn von Bernard Meyer, Geschäftsführer der Meyer Werft. Zudem wird im Juni 2016 mit Tim Meyer ein weiterer Sohn in die Geschäftsführung des Familienunternehmens einsteigen, sodass das Unternehmen nun in siebter Generation von der Familie Meyer geführt wird.
Der Stiftungsrat der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring hat am 13. Dezember 2008 den Werner-von-Siemens-Ring – Ehrenring für Verdienste um Naturwissenschaft und Technik an Bernard Meyer verliehen, in Würdigung seiner wegweisenden technischen Entwicklungen beim Bau von neuzeitlichen und hochwertigen Passagierschiffen, Gastankern und Spezialschiffen und der unternehmerischen Umsetzung in seinen modernen Werften in Papenburg und Rostock.
1967-1973 Studium des Schiffbaus an der Technischen Hochschule Hannover und der Universität Hamburg, Abschluss als Diplomingenieur.
1973 Eintritt in die Werft des Vaters.
1976 Mitglied der Geschäftsleitung.
seit 1982 geschäftsführender Gesellschafter der Meyer Werft.
Verbandsarbeit
seit 1981 Vorstand, Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM).
seit 1987 Präsidiumsmitglied, VSM.
1998 – 2000 Präsident, europäischer Schiffbauverband CESA.
2004 – 2006 Vorsitzer, VSM-Präsidium.
seit Juni 2010 Präsident, CESA.
Mandate
– Aufsichtsrat der ESSO Deutschland GmbH
– Aufsichtsrat der ExxonMobil Central Europe Holding GmbH
– Aufsichtsrat der Lufthansa Technik AG
– Beirat der Reederei Bernhard Schulte GmbH & Co. KG
– Außenwirtschaftsbeirat Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie